Gemeinsam mehr erleben

Kennen Sie das? Sie strecken die Hand aus zur Begrüßung - und haben das Gefühl, ein nasser Waschlappen glitscht zwischen Ihre Finger. Ein wahrhaft unangenehmes Gefühl. Aber manchmal hat ein solch lascher Händedruck auch einen handfesten Grund.

Ich erinnere mich gut an mein erstes Seminar, das ich vor Jahren hielt. Dabei überließ mir ein Teilnehmer, nennen wir ihn mal Peter, seine Hand auf diese Weise. Es kostete mich damals große Mühe, den Anstand zu wahren. Am liebsten hätte ich ihm sofort meine Hand mit einem lauten „igitt“ entrissen und sie gründlich an meiner Kleidung abgewischt. Das tat ich natürlich nicht, sondern hielt mit einem verkrampften Lächeln durch. Sofort allerdings hatte ich diesem Mann gegenüber negative Gefühle und übertrug dieses Bild des „Waschlappens“ auf die ganze Person. In den folgenden Stunden zeigte sich allerdings ein ganz anderes Bild, nämlich das eines selbstbewussten sympathischen kompetenten Mannes. Ich sprach ihn später auf seinen Händedruck an. Er war überrascht, es war ihm nicht bewusst gewesen. Er hatte wohl immer beim Händeschütteln ein Unwohlsein auf beiden Seiten verspürt, aber nie definieren können, woher dieses Unwohlsein kam. Er hat übrigens einen Grund dafür, warum er sich diesen schlaffen Händedruck angewöhnt hat. Er ist Chirurg. Seine Hände sind ungeheuer wichtig zur Ausübung seines Berufes und so achtet er instinktiv bei jeder Gelegenheit darauf, sie zu schonen. Mir leuchtet dieser Grund ein. Dasselbe habe ich später übrigens auch von einem Musiker und einer Goldschmiedin gehört. Mir leuchtet das durchaus ein, und in den vergangenen Jahren hab ich versucht, nicht anhand einzelner Details jemanden abzuqualifizieren, sondern das Ganze zu sehen. Erstaunlich, wie viele Vorurteile sich als haltlos entpuppen, wenn man ein bisschen hinter die Kulissen schaut und die Gründe erfährt.

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